Die Hipster.
Es gibt so nette alternative Typen, die ganz anders sind als die anderen. So total abgefahren. Die tragen lange Bärte oder gezwirbelte Schnauzbärte, gestrickte (Zipfel)mützen, auffällige Brillen, Holzfäller- oder Flanellhemden, gerne auch nur weiß, Schlauchschals, Seidenfliegen, brave Hüte, enge Hosen, Jutebeutel ...
... Eben Hipster.
Sie wollen ein intellektuelles, aufgeklärtes und zugleich modebewusstes Anderssein gegenüber dem Mainstream zeigen. Diese jungen Menschen sind auf der Suche nach Authentizität und Andersartigkeit. Da Hipster jedoch selbst viele gleich ausgerichtete Menschen sind, geht die von ihnen eigentlich angestrebte Individualität wieder verloren.
Zum Beweis habe ich vor einiger Zeit folgenden Artikel gelesen:
Ein amerikanischer Verlag wurde von einem Hipster geklagt, weil eine Publikation sein Foto ohne seine Genehmigung veröffentlicht hatte. Der Verlag wurde aber frei gesprochen, weil er nachweisen konnte, dass der Mann auf dem Bild ein bezahltes Modell und nicht der Kläger war. Der Mann hatte sich also selbst nicht erkannt!
Das Phänomen dieses Andersseinwollens oder Besondersseinwollens und das in weiterer Folge Umwandeln zum Normalsein und Allgemeingut kann ich schon über viele Jahrzehnte verfolgen.
In den frühen 60ern war es die Elvislocke, die mein älterer Bruder haben wollte und gegen heftigen Widerstand durchsetze. Danach kamen die Jahrzehnte der Konventionsbrüche als sich meine Generation gegen ihre Eltern auflehnte. Etikette und Normen wurden abgelehnt und uneingeschränkte Freiheit in allen Bereichen gefordert.
Der Wahnwitz: Hosen für Frauen! Maskuline Hosenanzüge, schmale geblümte Karotten-hosen, Glockenhosen, "Jesuspatscherl", Ballerinas, flache Schnürschuhe und Stiefel. Bunte Kleider, langes Männerhaar, Stirnbänder, Che am T-Shirt, Kette mit Kreuz um den Hals und was weiß ich noch was. Hauptsache anders aussehen als die Alten!
Und nicht zu vergessen - Meditation, Kerzen und Räucherstäbchen im abgedunkelten Raum.
In den 80er Jahren wurden knöchelhohe Turnschuhe (bevozugt weiß und drei Streifen) zum Anzug oder Blazer mit riesigen Schulterpolstern getragen. Enge Streifenhosen, Achselbe-haarung und weiße Tennissocken, neonfarbener Jogging Anzug waren besonders cool. Im nächsten Jahrzehnt trat man nicht ohne Speck, aber bauchfrei und mit Mittelscheitel auf, die Hosen hatten Seitenstreifen.
Zu Beginn dieses Jahrtausends gab es Jacken oder Pullover im Army-Style. Dazu bunte Haarfarben und schön große und auffälige Sonnenbrillen. Zur Abrundung noch ein Fischerhut am besten aus Denim Jeansstoff gefertigt. Nicht zu vergessen die A.... am Knie Baggy Pants damit auch die Boxershorts gut gesehen werden können - oder nicht ganz so tief gezogen der String. Dazu passen noch Crocs, diese Gartenschuhe aus Kunststoff mit denen man sogar Berge besteigen kann.
Und immer beginnt's mit dem Willen zum Anderssein, zum Besonderssein und des sich Abhebens von der Masse, aber besonders der Auflehnung gegen das Althergebrachte. So lange bis die angestrebte Individualität verloren ist und zum Allgemeingut sowie früher oder später normal wird.
Über die Sprache und die sich verbreitenden sonstigen und Anglizismen, beginnend vom Hully-Gully, ständigen O.Ks. und cool über Facelifting, chillen und Fast-Food bis zum Hashtag, Sitcom, Nerds und hip, ist da noch gar nicht gesprochen. Ach ja, das war doch der Ausgangspunkt:
... die Hipster.
Und übrigens - ein Nachsatz!
Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.
Das ist nicht von mir. Diese Worte schrieb ein gewisser Herr Sokrates vor fast zweieinhalb tausend Jahren.
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